Langsam wird es konkreter beim Klimaanpassungsprojekt InSchuKa 4.0. Für die Herstellung der digital steuerbaren Kanalklappen war eine genaue Vermessung des Hauptsammlers nötig. Da der Kanal dafür möglichst leer sein muss, stiegen die Kollegen vom Bereich Abwasser in den ganz ganz frühen Morgenstunden hinab ins Dunkel.
Man ahnt es: Zwischen 2 und 5 Uhr schläft die ganze Stadt - und betätigt selten die Klospülung oder den Wasserhahn. Entsprechend "trocken" sind um diese Zeit auch unsere Abwasserkanäle. Deshalb fiel die Wahl auf diese nächtliche Stunde, als es darum ging, für das Projekt InSchuKa das betreffende Bauwerk möglichst genau vermessen zu wollen, erzählt Andreas Trommer. "Um die Zeit kommt dort einfach nur ein Bruchteil des Abwassers an, was wir am Tag antreffen würden", berichtet der Mitarbeiter Management aus dem Bereich Abwasser der Stadtwerke Jena.
Im Spätherbst soll erste Klappe installiert werden
Also trafen sich eines Nachts Ende Juli sieben Kollegen aus dem Bereich Abwasser und weitere zwei Mitarbeiter von der am Forschungsprojekt beteiligten Fachfirma HST Systemtechnik GmbH am sogenannten RÜ 13. Der Regenüberlauf 13, ein Abschlagsbauwerk in die Saale. Hier, kurz vor der Übergabe des Abwassers an die Zentralkläranlage, soll die erste der zunächst geplanten zwei digital steuerbaren Kanalklappen installiert werden. 3,60 Meter breit ist der Kanal an dieser Stelle und etwa 2,25 Meter hoch. Hier kann die Kanalklappe ihre höchste Wirkung entfalten. Im Spätherbst soll sie installiert werden, im kommenden Jahr eine zweite etwa im Bereich der Landfeste.
Historisches Klinkergemäuer direkt in Augenschein nehmen
Doch um die Klappe überhaupt anfertigen zu können, fehlten noch genaue Messdaten. Schließlich muss die Klappe den Kanal möglichst dicht verschließen und das Öffnen und Schließen der Klappe muss – im wahrsten Wortsinne - reibungslos funktionieren. "Natürlich haben wir zum Projektbeginn mit Drohnenbefliegungen unseren Kanal vermessen und eine Art digitalen Zwilling davon erstellt", berichtet Andreas Trommer weiter. "Aber der Kanal ist nicht rund, sondern wie ein Fischmaul eher oval geformt. Und wie genau die Krümmung in dem fast historischen Klinkergemäuer nun tatsächlich ist, lässt sich eben nicht ermitteln, wenn immer Wasser auf dem Boden steht", schildert er die Herausforderungen.
Lange Vorbereitung für die perfekte Nacht
Also hieß es: Hinuntersteigen und sich selbst ein Bild machen. Auch wenn der Einsatz in der Nacht erfolgte, die Besteigung bedurfte einiges an Vorbereitung. So konnte sie nur in einer längeren Trockenwetterphase überhaupt erfolgen, denn Regenwasser hält sich ja an keine Nachtruhe. Zusätzlich wurden einige Pumpwerke zwischen Lobeda und Zwätzen abgeschaltet und dort vorhandene Speicherräume genutzt, um den Abwasserzufluss weiter zu verringern. Und trotzdem mussten die Kollegen mit Watthosen bekleidet, 100 gefüllte Sandsäcke verbauen, um den immer noch ca. 40 cm hohen Abwasserfluss zu bremsen. Nur so konnten sie am zukünftigen Einbauort die Kanalsohle in Augenschein nehmen und auf trockenem Geläuf ungestört messen. Ein Riesenaufwand - doch letztlich ging alles gut.
"Danke an alle für ihren Einsatz"
"An dieser Stelle möchten wir es nicht verpassen, noch einmal allen Kollegen herzlich zu danken - sie haben sich alle freiwillig für den Einsatz zur nächtlichen Stunde gemeldet, haben hohe Bereitschaft gezeigt und vollen Einsatz", betont Andreas Trommer. Immerhin fünf Stunden waren die Kollegen im und rund um den Kanal im Einsatz. Mit einem großen Schlauch wurde stets Frischluft in den Hauptsammler gepumpt, damit die Männer sicher arbeiten können. Ein Klettergeschirr und eine Sicherungsleine gehörten genauso zur Ausstattung wie Gaswarngeräte und Sauerstoffselbstretter, um jegliche Gefährdung auszuschließen.
Gemessen wurde schließlich mit einem Laser, einer Art digitalen Wasserwaage, mit dessen Hilfe Zentimeter für Zentimeter die exakte Ausformung der Kanalsohle aufgenommen werden konnte, die sonst unter dem kontinuierlichen Abwasserstrom verborgen ist. Begutachtet wurde zudem der bauliche Zustand der Einbaustelle, um mögliche Reparaturbedarfe einschätzen zu können. "Alles in allem waren wir positiv beeindruckt, welch guten Zustand die Kanalsohle für ihr Alter aufweist", so Andreas Trommer.
Mit den nun gemessenen Daten kann die Firma HST jetzt die Kanalklappe projektieren und herstellen - und sich überlegen, wie sie die Installation bewerkstelligen will. Denn auch das ist eine Erkenntnis dieser durchwachten Nacht: So einfach durch die Zustiegsluke passt die fertige Klappe nicht...
Mehr zum Projekt finden Sie hier
Der Zweckverband JenaWasser wurde für das Projekt InSchuKa mit dem ZfK-NachhaltigkeitsAWARD ausgezeichnet. Mehr dazu hier.